„Cargo-Bike-Sharing und Zero-Waste passen super zusammen.“
26.11.2020 | Sustainability
Mit dem „FOIFI“ und dem „ZOLLFREI“ betreibt Tara Welschinger die ersten Zero-Waste-Ladencafés in Zürich. Die Läden sind Begegnungsorte für Menschen, die ein nachhaltigeres Mindset für sich entdeckt haben. Dort verleiht Tara über die Sharing-Plattform carvelo2go drei Packster 60 von Riese & Müller, das Vorgängermodell des Packster 70. Im Interview gibt sie einen Einblick in host-basiertes Sharing und erklärt, wie man zu mehr gelebter Nachhaltigkeit finden kann.
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Wir unterscheiden drei Formen des E-Bike-Sharings: Host-basiertes, stationsbasiertes Sharing oder Free Floating. In diesem Beitrag geht es um das host-basierte Sharing. Eine Sharing-Plattform wie carvelo2go in der Schweiz ist das Bindeglied zwischen dem E-Bike-Hersteller und einer für die Ausleihe und Rücknahme verantwortlichen Person (Host).
Die Leihnehmer*innen profitieren von host-basiertem Sharing, weil sie feste Ansprechpartner*innen vor Ort haben. Vorteile können sich auch durch die Art des Hosts ergeben, so stehen beispielsweise Bars oder Gastrobetriebe für lange Öffnungszeiten und damit für eine hohe Verfügbarkeit der Bikes.
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Seit fünf Jahren sind die elektrischen Cargo-Bikes von carvelo2go ein fester Bestandteil des Schweizer Straßenbildes: Mittlerweile stehen über 330 Lastenvelos in 75 Schweizer Städten und Gemeinden für den Transport von Gütern und Kindern bereit.
Damit ist carvelo2go nicht nur die weltweit erste, sondern auch die größte Sharing-Plattform für elektrische Cargo-Bikes. Betrieben wird die Plattform von der Mobilitätsakademie des Touring Club Schweiz (TCS).
Produziert werden die Cargo-Bikes vom deutschen Premium-Hersteller Riese & Müller in Mühltal, Hessen.
Tara, du hast mit dem FOIFI das erste Zero-Waste-Ladencafé in Zürich gegründet und betreibst es bis heute. Wie kam es zu deinem Engagement für Zero-Waste?
Ich war einfach eine ganz normale hedonistische, konsumorientierte, urbane Frau mit einer Karriere durch Weiterbildungen bis zum Mitglied der Geschäftsleitung einer großen Agentur. Doch auf einer meiner letzten Reisen durch Südostasien ist mir auf einmal aufgefallen, wie viel Abfall in der Umwelt landet. Berge von Abfall im Meer, auf Bergen, einfach überall dort, wo viel Tourismus herrscht und westliche Werbung einen starken Impact hat. Auf meiner Afrika-Reise habe ich Müllberge von Altkleidersammlungen gesehen – sechs Fußballfelder groß – und wurde mir tief bewusst, welchen Einfluss mein Konsum, meine Ressourcenverschwendung und der Kreislauf, in dem wir uns befinden, auf die Welt und unsere Lebensräume hat. Also habe ich mich gefragt: Wie ressourcenschonend kann ich meinen Alltag gestalten? Denn ich wollte das in meinen Alltag integrieren. Ich bin keine Aussteigerin. Deshalb habe ich meinen Alltag Stück für Stück auf Zero-Waste eingestellt. Dabei entwickelt sich ein Bewusstsein für den Müll, den man verursacht. Man achtet mehr auf Inhaltsstoffe und darauf, dass Verpackungen plastikfrei und wiederverwendbar sind. Begonnen habe ich mit Lebensmitteln, das ist das einfachste, und nach und nach hat sich der Zero-Waste-Gedanke auf meinen kompletten Konsum ausgebreitet. Die Umstellung war natürlich sehr zeitaufwändig.
Wie hat dein Umfeld auf deine Challenge reagiert?
Ich habe die Beobachtung gemacht, dass bei den Leuten immer etwas hängengeblieben ist, wenn ich von meinen Lösungen erzählt habe – zum Beispiel Tücher aus Bienenwachs, um frische Lebensmittel zu verpacken. Die Idee hinter dem FOIFI-Ladencafé ist deshalb nicht nur, die plastikfreie und naturnahe Grundversorgung abzudecken. Gleichzeitig ist es ein Begegnungsraum für Zero-Waste, wo sich die Gäste niederlassen und sich austauschen können. Sie können hier die Atmosphäre auf sich wirken lassen und ganz ins Thema eintauchen. „FOIFI“ ist die Schweizerdeutsche „FÜNF“ und ist inspiriert von den „5R“: Re-use, Re-fuse, Re-duce, Re-cycle und Re-design.
Wie passt da die Partnerschaft mit carvelo2go ins Bild?
Wir möchten klimaneutral arbeiten und haben unser Auto abgeschafft. Da liegt es nahe, solche Partnerschaften aufzubauen. Wir sind durch ein Sanitär-Gewerbe auf die Möglichkeit aufmerksam geworden, ein Cargo-Bike für Transporte zu nutzen. Das Team ist über ein paar Wochen immer zu uns ins Café gekommen und wir haben uns über CO2-Reduktion und Logistik per Cargo-Bike unterhalten. Daraufhin haben wir uns bei carvelo2go als Host beworben. Als Ladencafé bieten wir einen großen Vorteil: Wir haben jeden Tag zehn bis zwölf Stunden geöffnet und können uns in diesen Zeiten flexibel um die Ausgabe und Rücknahme der Packster kümmern. Sharing und Zero-Waste passen einfach super zusammen, gerade bei dem begrenzten Platz in Zürich.
Kannst du mir etwas mehr über die Menschen erzählen, die sich bei dir ein Bike leihen?
Aus meiner Erfahrung sind es urbane, veloaffine Menschen, die gerne und viel mit dem Velo unterwegs sind. Darunter sind viele Familien, die Ausflüge machen, oder auch Leute, die größere Sachen transportieren möchten. Mir fällt sofort ein Vater ein, der regelmäßig seine Kinder mit dem Cargo-Bike von der Schule abholt. Während er das Bike ausleiht, kauft er bei uns im Laden Gummibärchen. Dann macht er mit den Kindern einen Ausflug und bringt das Bike nach etwa zwei Stunden zurück. Für Kinder sind das megalässige Erlebnisse, so schnell durch die Gegend zu fahren. Und der Vater kann weitere Strecken mit beliebig vielen Stopps fahren. Für ihn ist es einfach stressfrei. Auch mein Partner und ich sind seit fünf Jahren ohne Auto unterwegs. Neben den drei Riese & Müller Bikes über carvelo2go, die wir als Host monatlich 25 Stunden frei nutzen dürfen, haben wir privat ein eigenes Cargo-Bike. Wir nehmen, was gerade da ist.
Wie bewertest du die Infrastruktur für E-Cargo-Bikes in Zürich?
Jeder Velofahrer und jede Velofahrerin empfinden Zürich als schwierig. Die Stadt hat leider den Fokus auf dem Auto. Alternativ gibt es ein sehr gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz. Letzte Abstimmungen in der Stadt haben ergeben, dass es ein Wunsch der Bürgerinnen und Bürger ist, die Radwege zu verbessern. Vor allem für ein Cargo-Bike sind viele Velostreifen etwas zu eng. Aber trotzdem fahren hier wahnsinnig viele Menschen mit dem Velo. Und es werden immer mehr.
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Aufgewachsen in Graubünden, hat Tara sich nach einer Lehre als Chemielaborantin auf Reisen begeben, angefangen in NewYork. Später hat sie in Zürich Fuß gefasst und in verschieden Corporates, KMUs und Agenturen in den Bereichen Kommunikation, Events, Beratung, Management und Coaching gearbeitet und bis zum Master weitergebildet.
2017 hat sie sich mit ihrem Partner Christof Studer selbstständig gemacht und die Agentur Staibock & Leu AG – Konzepte für gelebte Nachhaltigkeit gegründet. Daraus entstand das FOIFI Zero-Waste-Ladencafé und 2019 das Quartier-Café ZOLLFREI inmitten des 2000-Watt-Quartiers FREILAGER.
Tara lebt mit Christof und ihrem Kater Felix in Zürich. Sie kochen und essen gerne und führen nach eigenen Angaben leidenschaftliche und lautstarke Diskussionen über gesellschaftspolitische und nachhaltige Themen – da müssen auch ihre Freunde durch.
Das Reisen ist bis heute Taras Leidenschaft.