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„Das Cargo-Bike ist eine großartige Erfindung.“

Andreas Jancke ist als Autojournalist und Moderator der TV-Sendung „auto mobil“ bei Vox ein echter Autofan. Dennoch ist das E-Cargo-Bike in der Stadt für ihn das Verkehrsmittel Nummer eins, vor allem, wenn es um den Transport von Kind und Kegel geht. Warum das so ist, ob E-Cargo-Bikes Autos tatsächlich ersetzen können und was sich in Städten tun muss, damit mehr Menschen den Umstieg wagen, erzählt er im Interview.

Andreas Jancke

Andreas, du arbeitest als Schauspieler, Autojournalist und Moderator der TV-Sendung „auto mobil“ bei VOX. Wie kommt es, dass ein echter Autoliebhaber wie du sich für Fahrräder interessiert?

Fahrradfahren ist für mich immer schon essenziell gewesen, es ist eine der einfachsten Freuden des Alltags, daran hat sich in all den Jahren seit meinen ersten sturzfreien Metern nichts geändert. Als Moderator einer Autosendung mag es für den ein oder anderen vielleicht nicht naheliegend erscheinen, dass ich mich auch für Fahrräder interessiere. Aber für mich haben Autos und Fahrräder bis heute immer den gleichen Stellenwert besessen. Einige meiner Kollegen mögen echte Petrolheads sein - also Benzin im Blut haben - ich könnte dagegen auch gut auf Verbrennungsmotoren verzichten. Wo es geht, nutze ich eines meiner Fahrräder. Da verbrenne ich Kalorien. Auch auf einem E-Bike.

 

Apropos: Was hältst Du von E-Bikes und E-Cargo-Bikes als Fortbewegungsmittel?

Zugegebenermaßen war ich etwas skeptisch, als die ersten Modelle mit Unterstützung auf den Markt kamen, und habe sie anfangs erstmal belächelt. Nicht nur weil sie vom Fleck weg den Ruf des Rentnerfahrrads hatten, sondern auch weil dieser angeflanschte Motorklotz aus den Anfangstagen sehr gewöhnungsbedürftig aussah. Als ich dann gemerkt habe, wieviel Potenzial in der Technologie steckt, hat sich bei mir ein journalistisches und privates Interesse entwickelt. Mittlerweile sind E-Motoren und Akkus so gut integriert, dass die Optik kein Hindernis mehr darstellt. Die Technik ist ausgereift. Und es ist ja so: Je mehr man ausprobiert, desto mehr Spaß macht es. Ob das die 1000 Höhenmeter sind, die mit dem E-MTB plötzlich machbar sind, oder der Pendlervergleich „Auto gegen E-Bike“, den wir mit Vox produziert haben: E-Bikes haben das Fahrrad neu erfunden und zeigen viele neue Möglichkeiten auf, Mobilität neu zu denken. Spätestens seit ich Familienvater bin, ist auch das E-Lastenrad in der Stadt mein Fahrzeug der Wahl, wenn es um den Transport von Kind und Kegel geht. Ich freue mich schon auf all die Innovationen, die uns in dem Bereich noch erwarten.

 

Als Journalist beschäftigst du dich täglich mit Trends und innovativen Lösungen rund um die Themen Auto und Verkehr. Wie siehst du als Experte den Mobilitätsmix der Zukunft?

Mir wird in Düsseldorf, wo ich lebe und wohne, jeden Tag aufs Neue klar, dass wir sicher nicht noch mehr Autos in den Städten brauchen. Aber wie kann man diese historisch gewachsenen Strukturen aufbrechen? Ein Blick auf unsere Nachbarn zeigt wie es geht, wenn man sich von Anfang an anders aufgestellt hätte. Wir haben im August fürs Fernsehen im holländischen Houten gedreht, einer Stadt, die von Grund auf so konzipiert wurde, dass Fahrräder stets Vorrang haben und nicht von Ampeln ausgebremst werden. Das hat vor Ort erstaunlich gut funktioniert. Das Auto ist dort nicht etwa komplett verbannt, spielt vor allem im Zentrum aber nicht mehr die erste Geige. Für eine lebenswerte Stadt erscheint mir das ein guter Ansatz zu sein. Ein ausgewogener Mobilitätsmix beginnt also damit, dass Verkehrsflächen neu und fair verteilt werden und der ÖPNV an Attraktivität gewinnt. Was das Auto angeht, hoffe ich, dass alternative Antriebe das Auto umweltverträglicher machen, sodass es weiter seine Vorzüge ausspielen kann. Aber ohne flankierende Maßnahmen wie intelligente Verkehrsführung, smarte Parkhäuser und eine flächendeckende Ladestation-Lösung für Plug-In Hybride und E-Autos wird das nur schwer zu erreichen sein.

 

Vor einigen Monaten hast du das Packster 60 touring HS von Riese & Müller intensiv getestet. Was ist dein Fazit nach dieser Zeit: Kann das E-Cargo-Bike im Alltag ein Auto ersetzen und wesentlich dazu beitragen, Verkehrsprobleme zu lösen?

Das Cargo-Bike ist, egal in welcher Ausführung auch immer, eine großartige Erfindung. Es leistet einen ganz wesentlichen Bestandteil zur Entzerrung des immer dichter werdenden innerstädtischen Verkehrs. Selbst Paketdienste fahren ja mittlerweile mit diesen XXL-Cargo-Bikes in die Stadt hinein. Einige zentrale Verkehrsprobleme gäbe es heute womöglich gar nicht, wenn Cargo Bikes schon früher eine bedeutendere Rolle gespielt hätten. So wie sie dies zum Beispiel seit langem in Amsterdam tun. Ob Lastenräder aber Autos ersetzen können? Innerorts sehe ich dazu gute Chancen. Wenn - wie im Fall des getesteten Packster HS - eine Unterstützung bis 45 km/h mit an Bord ist, kommt man sogar noch etwas zügiger von A nach B. Der zusätzliche Schub oberhalb der 25 km/h ist auf vielen Strecken Gold wert. Ohne eine angepasste Infrastruktur und eine moderne Gesetzgebung ist aber auch das tollste Rad nicht schneller, effizienter oder flexibler als ein Auto. Hier müssen die Städte und Kommunen nachziehen. Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich E-Cargo-Bikes in jedem Fall als wunderbare Ergänzung zu Autos. Unter allen Rädern besitzen sie das größte Potenzial, im Gewerbe völlig neue Lösungen zu etablieren und in Privathaushalten zumindest das Zweitauto zu ersetzen.

 

Welche Vorteile bietet das E-Cargo-Bike im Vergleich zu einem Auto?

Ich hab die Antwort zu dieser Frage mal in einem Beitrag zum Load 75 vario HS in Worte gefasst: Ein E-Cargo-Bike wird womöglich nie den Komfort und den Schutz eines Autos bieten, ein Auto wird dagegen nie so sozialverträglich, flexibel und umweltfreundlich sein wie ein Cargo-Bike. Ganz nebenbei ist so ein E-Cargo-Bike noch gut für die Gesundheit und schont wegen der geringen Betriebskosten auf lange Sicht auch noch den Geldbeutel. Ich würde jedenfalls nicht mehr auf eins verzichten wollen. Allerdings auch nicht auf ein Auto.

 

Was muss sich deiner Meinung nach auf politischer und gesellschaftlicher Ebene noch ändern, damit noch mehr Menschen sich trauen, vom Auto auf das E-Bike umzusteigen?

Es ändert sich auf gesellschaftlicher Ebene aktuell ja eine Menge. Man muss nur einen Blick auf den Fahrradhandel und die Zubehör-Branche werfen, um zu sehen, dass das Rad derzeit einen extremen Boom erlebt. Es hätte aber nicht erst einer globalen Epidemie oder des Diesel-Skandals mit seinen Folgen bedurft, um dem Fahrrad neuen Schub zu verleihen. Eine gewissenhafte und fortschrittlich denkende Politik hätte schon früher bemerkt, dass das Rad, vor allem in all seinen Pedelec-Varianten, eine bedeutendere Rolle im Stadtverkehr spielen sollte. Nachhaltige Förderprogramme, sichere Radwege, fließender Radverkehr mit weniger Ampelstopps und vernünftige Abstellmöglichkeiten sind aber nach wie vor Mangelware. Hier muss sich noch einiges tun.

Nicht jede Stadt muss unbedingt zu einer Kopie Kopenhagens werden. Ich denke aber, dass man zum Beispiel mit mehr geschützten Fahrradwegen viele Menschen aufs Rad bekäme. Viele wissen gar nicht, wie gut es tut, ein paar Kilometer zu radeln, anstatt das Auto zu nehmen. Ich sage das nicht, weil ich Autos aus der Stadt verbannen will, sondern weil viele Menschen nur deswegen kurze Wege mit dem Wagen fahren, weil Fahrradfahren in der Stadt einfach zu unattraktiv, zu umständlich und oft zu gefährlich ist. Dabei wäre das Rad ja oft die deutlich attraktivere Wahl auf dem Weg zum Ziel. Wenn es dann zukünftig auch unkomplizierter wäre, das Rad im ÖPNV mitzunehmen, würden womöglich mehr Pendler die letzte Meile auf ihrem eigenen Rad zurücklegen. All das nützt aber nichts, wenn man am Ziel nicht genug Platz hat, um das Fahrrad abzustellen. Ich weiß nicht, wie oft ich dazu mittlerweile die Stadt Düsseldorf angeschrieben habe - aber vor unserer Tür und woanders geschieht da immer noch zu wenig. Man ist hier in der Landeshauptstadt womöglich noch überfordert mit der Aufgabe, plötzlich Pop-Up-Bike-Lanes gestalten zu müssen.

 

Worauf sollte man beim Kauf eines E-Cargo-Bikes achten – insbesondere dann, wenn man damit langfristig ein Auto ersetzen möchte?

Es kann eigentlich nicht genug Zubehör geben, um das Rad an diverse Einsatzszenarien anzupassen. Wichtigstes Extra, neben einem guten Schloss, ist ein unkompliziert zu bedienendes Regendach. Denn was bringt einem das schicke Lastenrad, wenn man es bei Kälte und Nässe stehen lässt? Je umfangreicher das Rad mit Zubehör ausgestattet werden kann, desto mehr Spaß hat man damit und desto öfter kommt es zum Einsatz.