Der Alltagsentschleuniger
29.10.2020 | Family
Kann ein E-Cargo-Bike das Auto im Alltag ersetzen? Die achtköpfige Familie Silbernagl aus Südtirol hat es ausprobiert. Der Test ist eine Herausforderung im geschäftigen Alltag mit sechs Kindern, eigener Bikeschule, zahllosen Outdoor-Hobbys und im Familienurlaub auf Sardinien. Wie schlägt sich das Load 75 gegen den bewährten Familienbus – auch im CO2-Vergleich?
Weniger Stress im autofreien Familienalltag
Natürlich, die Silbernagls sind Bike-Enthusiasten wie aus dem Bilderbuch. Mutter Kathi, Vater Hannes und die sechs Kinder – Nora, Mara, Lina, Jula, Ilvy und Erik – leben in Lana, Südtirol, wenige Kilometer südlich von Meran, wo die Eltern eine Bikeschule führen. Seit Ende April 2020 ergänzt ein Load 75 von Riese & Müller den Fuhrpark der Familie. Warum? „Fragt mal andere Familien, wie entspannt selbst kurze Autofahrten mit Kindern sein können“, antwortet Kathi mit einem Augenzwinkern.
„Mit dem Load haben sich unsere Kilometer mit dem Auto drastisch reduziert“, berichtet sie. „Vorher sind wir im Schnitt circa 1300 Kilometer im Monat gefahren. Jetzt liegt der Schnitt bei etwa 100 Kilometern.“ Die meisten Alltagsfahrten erledigen sie heute mit dem Load, etwa Einkaufen, Anfahrten zu Sportkursen oder Kindertransporte, aber auch 1000-Höhenmeter-Touren zu den Almen im Umland.
Den Familienurlaub haben sie in Sardinien verbracht. Mit dem Familienbus und den E-Bikes inklusive Load auf dem Anhänger wurde die Anfahrt bewältigt. Die Inselumrundung hat ein neues Gefühl von Freiheit vermittelt: Denn Erkundungsfahrten konnte die Familie – dank vollgefedertem Load – auch über unwegsames Gelände unternehmen und so ganz leicht in entlegene Buchten gelangen. Der Kleinbus durfte sich bei den vier- bis siebentägigen Stopps im Schatten ausruhen.
„Der ganze Urlaub war viel entspannter als mit dem Auto.“
Katharina Silbernagl
Umdenken lohnt sich
Vor allem musste sich das Load aber daheim beweisen: „Natürlich muss man sich umgewöhnen und umdenken. Wäre man früher einfach mit dem Auto an den Gardasee gefahren, haben wir jetzt Ziele in der Nähe erkundet.“ Kathi Silbernagl sieht dabei viele Vorteile. „Der Verzicht auf die Autofahrten hat die Ausflüge ungemein entspannt. Der Stress, die günstigste Verkehrslage abzupassen, entfällt. Es gibt keine Staus, keine Parkplatzsuche. Wir können jederzeit anhalten, wenn jemand etwas braucht oder aufs Klo muss. Landschaft, Wege und Distanzen werden für die Kinder und uns erlebbar und wir schaffen aktiv ein Umweltschutzverständnis bei ihnen.“ Tatsächlich seien die Ausflugsziele in der eigenen Heimat zum großen Teil unbekannt, aber mindestens genauso schön.
„Mit kleinen Kindern sind die Freizeitangebote oft eingeschränkt. Hier im Alpenland rund um Lana sind die Strecken oft zu lang und zu steil für die Kleinen. Viele Ziele haben wir immer wieder aufgeschoben, damit wir es als Familie erleben können, wenn es die Kleinen dann auch schaffen. Mit dem Load können wir sie ganz unkompliziert mitnehmen.“ So haben die Silbernagls in den vergangenen Monaten sämtliche Almen in der näheren Umgebung mit den Bikes besucht – und die Kids haben, anders als mit dem Auto, schon die Anfahrt genossen.
Stadt – Land – Bike?
„Das Hauptargument für das Auto ist neben der Bequemlichkeit die Geschwindigkeit“, findet Hannes. „In den Städten brauchen wir eine gute Infrastruktur an Radwegen. Hier können die Autos ihren Trumpf nicht wirklich ausspielen. Aber auf dem Land, wo die Distanzen größer sind, spielt auch die Geschwindigkeit der Bikes eine größere Rolle.“ Hier kommen die S-Pedelecs ins Spiel. Allerdings: Bikes mit einer Unterstützung bis 45 km/h dürfen nur auf der Straße fahren, aber nicht über die Forststraße zur Alm und auch nicht über den Fahrradweg zur nächsten Stadt. Keine Option für Familie Silbernagl.
Das wirft praktische Probleme auf. Hannes erinnert sich: „Wir waren auf der Grillparty eines Freundes, der 30 Kilometer entfernt wohnt, mit einem Höhenunterschied von 300 Metern. Wir sind dank Lichtanlage nach Mitternacht zurückgefahren. Drei Kinder haben im Load geschlafen – für die anderen Kinder, die selbst gestrampelt sind, war es ein Abenteuer. Aber das war natürlich eine absolute Ausnahme, bei über einer Stunde Fahrtzeit mitten in der Nacht.“
Welches Fahrzeug ist klimafreundlicher?
„Unser Fall hat die besten Gewinnchancen für das Auto, weil wir es nur vollbesetzt fahren. Und wenn wir mit E-Bikes unterwegs sind, brauchen wir natürlich viele Räder. Das kostet auch Energie.“ Mit ihren Erwartungen war Kathi Silbernagl entsprechend zurückhaltend.
Bei acht Personen ist das Auto ein Kleinbus, mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 12 Litern auf 100 Kilometer. Wenn man das auf acht Köpfe umlegt, bleiben gerade einmal eineinhalb Liter Benzin pro 100 Kilometer. Ein sehr geringer Verbrauch für einen Verbrennungsmotor. Der CO2-Ausstoß pro Kilometer beträgt ca. 300 Gramm C02 pro Kilometer (vgl. Tabelle).
Auf der anderen Seite stoßen acht E-Bikes 43,2 Gramm C02 pro Kilometer aus. Das Load ist etwas höher zu bewerten, gleicht sich aber in etwa mit den beiden Kinder-E-Bikes wieder aus. Fazit: Im Vergleich mit dem – optimal vollbesetzten – Kleinbus spart der Familientransport mit E-Bikes rund 70 Prozent der C02-Emissionen ein.
Auch, wenn man den E-Bike-Akku berücksichtigt, geht die Rechnung auf: Durchschnittlich emittiert die Herstellung eines Akkus ca. 27,5 bis 37,5 kg CO2. 100 km mit dem Pkw verursachen durchschnittlich 19,7 kg CO2-Emissionen. Folglich lohnt sich der Umstieg aufs E-Bike im Durchschnitt bereits nach 165 Kilometern.
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Strommix Deutschland
565 g CO2/KWh
Akku-Kapazität
24 V x 10 Ah = 240 Wh = 0,24 KWh
Reichweite/Ladung
30 km
Lebensdauer Akku
500 Ladezyklen x 30 km = 15.000 km
CO2-Belastung bei Herstellung Li-Ionen-Akku (EMPA)
54 kg CO2/KWh
CO2-Belastung E-Bike-Akku mit 240 Wh
54 kg CO2/KWh x 0,24 KWh = 12,96 kg CO2
CO2-Belastung E-Bike nur Ladung
0,24 KWh/30km = 0,008 KWh/km
0,008 KWh/km x 565 g CO2/KWh = 4,52 g CO2/km
CO2-Belastung E-Bike für Akkuherstellung
12,96 kg CO2/15.000 km = 0,864 g CO2/km
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Pkw Benzin; 8 l/100 km
200 g CO2/KWh
Pkw Diesel: 4l/100 km
124 g CO2/KWh
ÖPNV
53 g CO2/Person/KWh
Zug Nahverkehr
95 g CO2/Person/KWh
Zug Fernverkehr
52 g CO2/Person/KWh
Flugzeug
369 g CO2/Person/KWh
Mofa Benzin: 2 l/100 km
50 g CO2/KWh
E-Bike (Strommix inkl. Akku)
5,4 g CO2/KWh
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Hannes Silbernagl (40) ist Informatiker und seit seiner frühesten Jugend mit dem Bike in den Bergen unterwegs. 2016 machte er seine Leidenschaft zum Beruf und gründete die Bikeschule Bikeacademy Lana. Nun führt er verschiedenste Gruppen über die Alpen und rund um seine Südtiroler Heimat.
Katharina Silbernagl (36) ist hauptberuflich Informatiklehrerin und setzt gute Vorsätze in die Tat um, indem sie ihren Arbeitsweg von knapp 30 Kilometern täglich mit dem Rennrad zurücklegt. Die Mountainbikeguide-Ausbildung hat sie 2016 abgeschlossen.
Es ist ihnen ein besonderes Anliegen, ihren sechs gemeinsamen Kindern, Nora (14), Mara (11), Lina (9), Jula (7), Ilvy (5) und Erik (2), die alpine Liebe mitzugeben. Die beiden Kleinsten finden neuerdings – nebst Kletter-, Schwimm- oder Wanderausrüstung und Verpflegung für acht Personen – im Load 75 Platz.