„Frauen bringen wichtige Werte ins Unternehmen.“
05.03.2021 | About us
In unserem Podcast Riese & Müller Unplugged spricht Moderatorin Jule Jankowski mit zwei wichtigen Akteurinnen der Outdoor-Branche über ihre Wege als Frauen in die Unternehmensführung, über Wachstum und Verantwortung: Dr. Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von VAUDE und Dr. Sandra Wolf, Geschäftsführerin von Riese & Müller. Anlässlich des Weltfrauentages folgt hier ein Ausschnitt des Gesprächs – mit dem Fokus auf den Chancen, die unterschiedliche Sichtweisen mit sich bringen.
Jule Jankowski:
Ihr seid beide Frauen in der Führung eines mittelständischen Unternehmens und nicht nur das, ihr seid beide Führungskraft in der Outdoor-Branche. Ihr seid sozusagen allein unter Männern als Frau im Geschäftsführungsteam. Ihr habt beide promoviert und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Ihr seid sehr fokussiert auf das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung. Ist das so eine Art „Blueprint-Lebenslauf“ für Unternehmerinnen?
Sandra Wolf:
Ich finde viele Parallelen in unseren Lebensläufen, aber ich glaube, wir sind beide einen sehr eigenen Weg gegangen und trotzdem kreuzen sich die Wege jetzt in der Branche. Zum Beispiel haben wir beide vier Kinder. Wir kennen diese Rollenverteilungen und wissen, welche Chancen und Hürden dieser Lebensweg bereithält.
Antje von Dewitz:
Wenn es einen „Blueprint-Lebenslauf“ gäbe, wären wir mehr Frauen in diesen Positionen (lacht). Ich glaube, Frauen sind schon so ein bisschen Vorkämpferinnen für Werte-Themen. Je mehr Frauen sich engagieren, desto leichter scheint es zu fallen, solche Themen in das Unternehmen zu transportieren. […] Ich hatte immer das Gefühl, meinen Beitrag leisten zu wollen, dass meine Kinder auch noch einen guten Planeten vorfinden. So war eben auch mein Wunsch ganz stark, dass wir VAUDE zu einem durch und durch nachhaltigen Unternehmen entwickeln. Das kann nur gelingen, wenn die Leute dir vertrauen. Und da ist Transparenz ein probates Mittel, sowohl intern als auch extern.
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Dr. Antje von Dewitz ist Geschäftsführerin von VAUDE in Tettnang. Nach ihrem Studium der Wirtschafts- und Kulturraumstudien an der Universität Passau, war sie bei VAUDE zunächst als Produktmanagerin, später als Verantwortliche für die Kommunikation tätig. Von 2002 bis 2005 promovierte und arbeitete sie am Stiftungslehrstuhl Entrepreneurship der Universität Hohenheim.
2005 wurde sie Marketingleiterin bei VAUDE und übernahm 2009 die Geschäftsführung von ihrem Vater Albrecht von Dewitz. Als Geschäftsführerin hat sie VAUDE zu einem durch und durch nachhaltigen Unternehmen transformiert und setzt sich mit viel Herzblut für ökologische und soziale Verantwortung in den globalen Lieferketten ein.
Jule Jankowski:
Ich frage mich: Warum sind dann ausgerechnet in der Outdoor-Branche so wenige Frauen in Führungspositionen?
Sandra Wolf:
Na ja, ich weiß gar nicht, ob es so viele Branchen gibt, in denen es besser ist. Die Fahrrad-Branche ist sehr technisch. Das ist ja häufig eine Erklärung. Aber wenn man sich mal anschaut, wer auch wirklich Impulse setzt, dann sind es oft die Frauen. Aus der Erfahrung meiner Beratungstätigkeit in vielen Betrieben und vielen Konzernen habe ich das Gefühl gewonnen, dass gerade Führung sehr stark männlich besetzt ist. Das fängt bei der Bekleidung an und viele Frauen versuchen dann, sich mit Hosenanzügen und Kostümen ein Stück weit anzunähern. Ich habe da nie reingepasst und habe mich immer gefragt, woran liegt das denn?
Ich denke, Frauen wollen eigene Akzente setzen. Und hier würde ich mir wünschen, dass Betriebe offener für diese Akzente sind, die vielleicht eher Frauen mitbringen, zum Beispiel Werte- oder Nachhaltigkeitsthemen. Darin liegt auch die Chance der Emanzipation vom klassischen Unternehmertum. Ich wehre mich sehr stark gegen die negativ besetzte Rolle „des Unternehmers“ und als Frau kann man einen Gegenakzent setzen. Wir verstehen die Welt anders. Ja, vielleicht auch, weil wir unsere Kinder aufwachsen sehen, weil wir uns einen anderen Planeten wünschen. Weil wir sehen, wie wichtig es ist (Familien-)Werte aufrechtzuerhalten.
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Dr. Sandra Wolf ist neben Heiko Müller und Markus Riese Geschäftsführerin von Riese & Müller. Nach Stationen als Strategieberaterin für internationale Kunden bei renommierten Branding- und Design-Agenturen und der Führung ihrer eigenen Markenagentur in Berlin, ist sie seit 2013 für die strategische Ausrichtung des Unternehmens verantwortlich.
Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin widmet sich im Zuge des rasanten Wachstums der Struktur- und Personalarbeit und beschäftigt sich neben der Markenwahrnehmung von Riese & Müller mit den Herausforderungen der Mobilität der Zukunft und der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens.
Antje von Dewitz:
Der Technik-Aspekt spielt auch bei Outdoor-Bekleidung und Ausrüstung eine wichtige Rolle. Die Funktion und die Technik sind die Daseinsberechtigung. Und es geht historisch immer um „höher, schneller, weiter“ – klassische, eher männlich geprägte Eroberungsgeschichten. Die Balance kommt jetzt durch die „weiblicheren“ Werte dazu, mit der Yoga- und der Achtsamkeitsbewegung zum Beispiel. Der Bedarf, auch Frauen anzusprechen und zu integrieren, ist heute viel größer. Ich bin sowieso eine Verfechterin davon, dass die besten Resultate, die auch langfristig sinnvoll sind, aus gemischten Teams kommen, weil einfach viele Perspektiven gedacht und umgesetzt wurden. […]
Bei VAUDE haben wir eine hohe Frauenquote in Führungspositionen – ich glaube, um die 43 Prozent. Und wir betreiben keine explizite Frauenförderung. Aber wir haben in den letzten zwanzig Jahren viele Frauen für Führungspositionen gewonnen. Das hängt mit der Transformation zu einem nachhaltigen Unternehmen zusammen, aber parallel dazu hat sich auch unsere Kultur transformiert: Von einem eher klassisch hierarchischen Unternehmen hin zu einem Unternehmen, das auf einer Vertrauenskultur mit ausgeprägter Vereinbarkeit von Beruf und Familie basiert. Durch eine Kultur des Vertrauens wird eine große Mitverantwortung von Mitarbeiter*innen übernommen. Unsere Kultur macht es nicht nur einem bestimmten Menschenschlag – nicht nur extrovertierten, dynamischen Menschen – leicht, Verantwortung zu übernehmen. Bei uns wird das auch zurückhaltenderen Menschen ermöglicht, weil wir eine Kultur der Diversität fördern. Wir legen viel Wert darauf, dass du Mensch bleiben darfst, in allem, was dir wichtig ist.